Die Articulatio humeri (Schultergelenk, auch Art. glenohumeralis) zählt zu den Gelenken des Schultergürtels. Es wird gebildet durch den Humeruskopf (Caput humeri) sowie durch die Cavitas glenoidalis der Scapula (Gelenkpfanne des Schulterblattes). Die Cavitas glenoidalis ist von einer Gelenklippe, dem Labrum glenoidale, umgeben. Dieses sorgt dafür, dass die Fläche der Gelenkpfanne etwas vergrößert wird, außerdem dient es als Ansatzpunkt für die Kapselbandstrukturen.

Das Schultergelenk ist das beweglichste Gelenk des menschlichen Körpers. Dies hat verschiedene Gründe. Zum einen sind die Flächen der Gelenkpartner unterschiedlich groß. Die Gelenkflächen des Humeruskopfes verhält sich zur Gelenkpfanne der Scapula wie 4:1. Weiterhin findet man rund um das Schultergelenk eine relative schlaffe Gelenkkapsel vor. Im Gegensatz zu vielen anderen Gelenken weist das Schultergelenk nur eine schwache Bandsicherung auf. Es ist ein vorwiegend muskelgesichertes Gelenk. Diese Faktoren gewährleisten die hohe Beweglichkeit des Schultergelenks, welche für alltägliche Bewegungen (z.B. Gegenstände in ein hohes Regal heben) als auch für sportliche Bewegungen (z.B. Tennisaufschlag) von großer Bedeutung ist. Damit geht allerdings auch eine erhöhte Luxationsgefahr der Art. humeri einher. Auf dieses Gelenk fallen mit Abstand die meisten Luxationen, nämlich 50% aller Gelenkverrenkungen (Menke,2000). In mehr als 90% der Fälle kommt es dabei zu einer Luxation nach vorne, die oft mit einer Hill-Sachs-Läsion und einer Bankart-Läsion einhergeht (Menke,2000).

Die Beweglichkeit des Schultergelenks lässt bereits vermuten, dass wir es mit einem Kugelgelenk zu tun haben. Dieses lässt Bewegungen in 3 Freiheitsgraden zu. Die Abduktion und Adduktion des Oberarmes, die Retroversion und Anteversion des Oberarmes sowie eine Außenrotation und Innenrotation des Oberarmes. Außerdem kann der um 90 Grad abduzierte Oberarm vor und rück bewegt werden, eine Bewegung wie sie beispielsweise beim Brustschwimmen vorkommt. Zuletzt ist eine Zirkumduktionsbewegung möglich, welche eine zusammengesetzte Bewegung darstellt. Zu den Bewegungsmöglichkeiten findest du Videos auf dieser Seite.

Wie oben bereits erwähnt handelt es sich beim Schultergelenk um ein stark muskelgesichertes Gelenk. Nichts desto trotzt findet man auch Bänder im Bereich der Art. humeri.

Das Lig. coracohumerale verläuft vom Proc. coracoideus (Rabenschnabelfortsatz) bis zum Tuberculum majus et minus des Humerus. Bei einer Retroversion spannt sich besonders der Anteil der zum Tuberculum minus verläuft (vorderer Teil) an, bei Anteversion spannt sich hingegen hauptsächlich der Teil der zum Tuberculum majus verläuft (hinterer Teil) an.
Das Lig. glenohumerale besteht aus drei Anteilen. Diese sind die Ligg. glenohumeralia superius, medium und inferius. Diese verlaufen an der ventralen Seite der Schultergelenkkapsel. Bei Abduktion des Oberarmes werden die unteren und mittleren Anteile des Lig. glenohumerale gespannt, während sich der obere Anteil sowie das Lig. coracohumerale entspannt. In dieser Stellung ist auf Grund der ligamentären Anspannung und des etwas größeren Gelenkflächenkontaktes das Schultergelenk in seiner stabilsten Position (Kapandji, 2009). Während der Außenrotation spannen sich alle Teile des Lig. glenohumerale an, während der Innenrotation entspannen sich alle Teile.

Generell unterscheidet man zwischen zwei Gruppen von Muskeln die das Schultergelenk sichern. Diese sind zum einen die transversal verlaufenden Muskeln und zum anderen die longitudinal verlaufenden Muskeln.

Zu den transversal verlaufenden Muskeln zählen der Musculus supraspinatus, der Musculus infraspinatus, der Musculus teres minor und der Musculus subscapularis. Diese Muskeln bilden die sogeannte Rotatorenmanschette. Außerdem zählt der lange Kopf des Musculus biceps brachii zu dieser Gruppe. Diese Muskelgruppe sichert das Gelenk, in dem sie den Humeruskopf in die Gelenkpfanne drückt und somit eine Luxation nach vorne und hinten verhindert.
Die longitudinal verlaufenden Muskeln sind der Musculus deltoideus, der Musculus coracobrachialis, das Caput longum des Musculus triceps brachii, der Musculus pectoralis major sowie das Caput breve des Musculus biceps brachii. Diese Muskelgruppe verhindert durch ihren Muskeltonus bzw. ihre Kontrkation eine Luxation inferior, also ein Luxieren des Oberarmes nach unten beim Tragen von schwerenLasten wie etwa Einkaufstüten. Bei geringen Zugkräften nach unten übernimmt diese Sicherung der untere Anteil der Gelenkkapsel. Eine übermäßige Kontraktion dieser Muskelgruppe führt bei gelähmtem Musculus supraspinatus zu einer Ruptur der Rotatorenmanschette bzw. zu Verletzungen im Bereich des Schulterdaches.

Folgende Bewegungsradien im Schultergelenk sind möglich:

• Anteversion: 150-170°
• Retroversion: 40°
• Anteversion des um 90° abduzierten Armes: 130-160°
• Retroversion des um 90° abduzierten Armes: 40-50°
• Abduktion: 90°, Elevation: ab 90°-120°; geht mit Innenrotation des Oberarmes einher
• Abduktion bei Außenrotationsstellung: 60°
• Innenrotation: 70°; jedoch vom Rumpf behindert; Arm hinter dem Körper entspricht 95°
• Außenrotation 60°; etwa 90° bei 90° abduziertem Arm

Ab einer Abduktionsstellung von 90° spricht man von einer Elevation. Die Elevation wird nur möglich, da sich der Angulus inferior der Scapula nach lateral und der Angulus superior scuapulae nach medial bewegt. Damit wird die knöcherne Sperre im Schultergelenk zwischen Humerus und Schulterdach bzw. Caviats glenoidalis verhindert und die Bewegung kann bis etwa 180° weitergeführt werden. Der hauptsächliche dafür verantwortliche Muskle ist der Musculus serratus anteior, er zieht die Scapula nach vorne. Bei weniger beweglichen Personen kommt es in endgradigen Elevationsstellungen zu einem Abkippen des Schultergürtels der passiven Seite. Dieses „Ausweichbewegung“ der Scapula kann im folgenden Video gut beobachtet werden.

Die Abduktion des Oberarmes wird insofern begrenzt, als dass das Tuberculum majus mit der oberen Pfannenregion bzw. Gelenklippe in Kontakt gerät. Durch eine Außenrotation des Oberarmes richtet sich das Tuberuclum majus nach hinten, der Sulcus intertubercularis gerät unter das Pfannendach. Außerdem entspannt sich das Lig. glenohumerale durch eine Außenrotationsbewegung. Dadurch kann eine 90 gradige Abduktion erreicht werden (Kapandji, 2009). Durch eine Anteversion um 30° und eine anschließende Abduktion verzögert sich die Anspannung des Lig. glenohumerale, die Abduktion kann ein Ausmaß von 110° erreichen (Kapandji, 2009).

Zahlreiche Verletzungen bzw. Überlastungserscheinungen können im Bereich des Schultergelenks auftreten. Einige davon sind: Schulterluxation, Hill-Sachs-Läsion, Bankart-Läsion, Rotatorenmanschettenruptur, Schulterinstabilität, habituelle Schultergelenksluxation, Impingement-Syndrom, Sportlerschulter, Golferschulter.