Je nach Anforderung an den menschlichen Organismus bedarf es einem gewissen Blutfluss zu bestimmten Geweben und Organen. Der Körper kennt diverse Mechanismen zur Blutflussregulation.
Grundlagen der Blutflussregulation
Der Blutfluss kann rechnerisch mit folgender Gleichung bestimmt werden:
Blutfluss = Blutdruck / Gefäßwiderstand
Der Gefäßwiderstand wird bestimmt durch die Gefäßlänge und den Gefäßradius sowie durch Viskosität („Dicke“) des Blutes. Da die Gefäßlänge und die Viskosität im Normalfall unverändert bleiben ist der Gefäßradius die Stellgröße, die den Blutflusswiderstand beeinflussen kann. Sinkt der Gefäßradius um 50%, so sinkt der Gefäßradius um das 16-fache und umgekehrt. Es wird ersichtlich, dass sogar kleinste Änderungen des Gefäßradius den Blutfluss enorm beeinflussen.
Regulationsfaktoren
Lokale und metabolische Faktoren
In Ruhe ist lediglich jede 30. Kapillare im Muskelgewebe geöffnet. Zu Beginn von körperlichen Aktivitäten kommt es zu einer Öffnung dieser „stillgelegten Kapillaren“. Auf diesem Weg erhöht sich der Blutfluss zum Muskel und dadurch steigt auch die Fläche für einen Gas-und Nährstoffaustausch zwischen Blut und Muskelgewebe. Der lokale Blutfluss wird durch die Temperatur, den CO2-Gehalt und den pH-Wert beeinflusst. Herrscht im lokalen Gewebe (z.B. Muskelgewebe) ein O2-Mangel, so dilatieren (erweitern sich) die Blutgefäße, der O2-Bedarf wird so gedeckt.
Steigt die Konzentration von Stoffwechselprodukten, etwa CO2 , H+-Ionen und AMP, so erweitern sich die Blutgefäße um die Sauerstoffversorgung zu verbessern und den Abtransport von Stoffwechselendprodukten zu beschleunigen.
Neuronale und chemische Faktoren
Hochsensible Nervenfasern im Muskel realisieren chemische Zustandsänderungen während körperlicher Belastungen. Diese Informationen werden über afferente Nervenfasern ins zentrale Nervensystem (ZNS) transportiert. Je nach Zustand kommt es über eine Regulation des HK-Systems zu einer Erhöhung oder Senkung des Blutflusses.
Einige Beispiele: Stickstoffmonoxid (NO) wirkt gefäßerweiternd, Adrenalin wirkt in geringen Konzentrationen gefäßerweiternd, Prostaglandine wirken vasokonstriktorisch (verengend).
Durch die Aktivierung des Sympathikus kommt es zu einer Vasokonstriktion der Gefäße, mit Ausnahme derer von Skelettmuskeln und Herz. Auf diesem Weg wird das Blut in diejenigen Bereiche geleitet die einen erhöhten Blutbedarf bzw. Sauerstoffbedarf aufweisen. Gleichzeitig wird die Blutzufuhr zu weniger aktiven Geweben gedrosselt.
Blutflussregulation in Ruhe und während Belastung
Ruhezustand
Das Herzminutenvolumen beträgt im Ruhezustand in der Regel 5 Liter. Diese fünf Liter Blut werden wie folgt verteilt:
Leber | 25% |
Niere | 25% |
Gehirn | 15% |
Haut | 5% |
Herz | 4% |
Muskeln | 20% |
In diesem Zustand erhalten 100g Skelettmuskeln ca. 5ml Blut pro Minute.
Während Belastung
Durch körperliche Aktivität steigt der Blutfluss zur Skelettmuskulatur enorm an. Jetzt erhalten sie 85% des Herzminutenvolumens und insgesamt die 10 bis 15-fache Blutmenge (100g Skelettmuskel erhalten ca. 50-75ml Blut pro Minute). Dies ist erklärbar durch das ebenso angestiegene Herzminutenvolumen. Der Herzmuskel wird ebenso mit deutlich mehr Blut versorgt, wobei Leber und Niere eine starke Reduktion erfahren.
Das erhöhte Herzminutenvolumen ist vorrangig für den erhöhten Blutfluss zu den Muskeln verantwortlich. Aber auch neuronale und hormonelle Steuermechanismen führen zu einer Vasokonstriktion in Geweben mit geringerem Blutbedarf zugunsten der Skelettmuskeln. Besonders bei intensiven Belastungen werden einige Gewebe für kurze Zeit von der Blutversorgung abgetrennt, Niere und andere Eingeweide erhalten nur etwa 10-25% des Sauerstoffs im Vergleich zu Normalbedingungen. Um das Defizit des verringerten Blutflusses zu tolerieren erhöht sich die Sauerstoffextraktion aus dem Blut, das heißt es wird anteilig mehr Sauerstoff aus dem Blut aufgenommen als in Ruhe. Der reduzierte Blutfluss kann bis zu 1 Stunde toleriert werden. Die Muskulatur verfügt während Belastung pro Minute um über 600 mL Sauerstoff mehr verglichen mit Ruhebedingungen.
Auch der Blutfluss zum Gehirn steigt durch Belastung an, etwa um 30%. Dies ist hauptsächlich auf einen erhöhten Blutbedarf der motorischen Areale im Gehirn zurück zu führen.
Quellen
McArdle, W. D., Katch, F. I., & Katch, V. L. (2010). Exercise physiology: nutrition, energy, and human performance. Lippincott Williams & Wilkins.
Silbernagl, S. (2012). Taschenatlas Physiologie. Georg Thieme Verlag.
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