Der Reactive Strength Index (RSI) oder Reaktivkraftindex ist eine Möglichkeit zur Bestimmung der Fähigkeit einer Person, einen schnellen Dehnungs-Verkürzungs-Zyklus DVZ (engl.: SSC) zu realisieren.
Der RSI lässt sich beispielsweise mit Hilfe des Drop Jumps (DJ) ermitteln. Es gilt:
RSI = Sprunghöhe (m) / Bodenkontaktzeit (s)
Je höher der RSI, desto besser ist die Fähigkeit der Person, einen schnellen DVZ realisieren zu können. Wird der RSI bei unterschiedlichen Sprunghöhen beim Drop Jump berechnet, so kann auch die “optimale Sprunghöhe“ für das plyometrische Training über den RSI ermittelt werden (optimale Sprunghöhe = dort, wo RSI am höchsten ist).
Zahlreiche Studien zeigen: Durch plyometrisches Training (beispielsweise durch Drop Jumps von der optimalen Höhe) kann die Reaktivkraft – und somit auch der RSI – erhöht werden.
Schneller Dehnungs-Verkürzungs-Zyklus
Der schnelle Dehnungs-Verkürzungs-Zyklus (englisch: stretch shortening cycle) ist charakterisiert durch eine schnelle, kurze exzentrische Phase sowie durch einen schnellen Übergang zwischen exzentrischer und konzentrischer Phase (siehe Abbildung 1).
Abbildung 1: Dehnungs-Verkürzungs-Zyklus
Der kurze DVZ hingegen ist charakterisiert durch eine längere exzentrische Phase und einen langsameren Übergang zwischen Exzentrik und Konzentrik.
Bei schnellen DVZ sind sowohl die Gelenkmomente, der Power-Output sowie die Explosivkraft (rate of force development) erhöht. Dadurch, dass beim schnellen DVZ die Zeit zur Kraftentwicklung relativ gering ist können bei langsamen DVZ größere Sprunghöhen provoziert werden (wie zum Beispiel beim Countermovement Jump.
Zusammenfassend kann man festhalten: Die Leistung bei kurzen Dehnungs-Verkürzungs-Zyklen steht eher im Zusammenhang mit der Maximalkraft einer Person (1), wohingegen die Leistung bei schnellen DVZ eher mit der Reaktivkraftfähigkeit in Zusammenhang steht.
Relevanz der Reaktivkraft
Die Reaktivkraft ist ein guter Prädiktor für die Fähigkeit schneller Sprints bzw. kurzer Beschleunigungen einer Person (2). Für diese motorische Aufgaben sind kurze Bodenkontaktzeiten notwendig. Reaktivkrafttrainierte Athleten können demnach höhere exzentrische Lasten tolerieren bzw. diese innerhalb kurzer Zeit in konzentrische Muskelkontraktionen umwandeln.
Auch mit der Fähigkeit von schnellen Richtungswechseln (change of direction ability) steht die Reaktivkraft in Zusammenhang (3). Demnach hatten die Spieler mit der Fähigkeit schnelle Richtungswechsel vollziehen zu können um mehr als 25% höhere Reaktivkraftwerte.
Berechnung des Reaktivkraftindex
Die Berechnung des Reaktivkraftindex erfolgt über die Formel: RSI = Sprunghöhe (m) / Bodenkontaktzeit (s)
Demnach kann der RSI erhöht werden entweder durch die Erhöhung der Sprunghöhe oder durch die Verringerung der Bodenkontaktzeit. Ein Beispiel soll dies verdeutlichen:
Person A springt 50cm hoch, bei einer Bodenkontaktzeit von 0.2s. Der RSI wäre hier bei RSI = 0.5m / 0.2s = 2.5.
Person B springt 55cm hoch, bei einer Bodenkontaktzeit von 0.2s Der RSI wäre hier bei RSI = 0.55cm / 0.2s = 2.75.
In diesem Beispiel hätte Person B eine bessere Reaktivkraftfähigkeit, denn je höher der RSI ist, desto besser.
Ermittlung des Reaktivkraftindex
Der Reaktivkraftindex kann durch einen Drop Jump ermittelt werden. Hierfür wird im Normalfall eine Kraftmessplatte verwendet um die Sprunghöhe und Bodenkontaktzeit zu ermitteln.
2 weitere Möglichkeiten stellen diese Tests dar:
- Rebound Jump Test: Der Proband führt einen Countermovement Jump durch, springt nach der Landung jedoch noch einmal nach vertikal ab.
- 10/5 Reactive Strength Index Test: Der Proband führt einen Countermovement Jump durch, geht nach der Landung jedoch in 10 konsekutive bilaterale Sprünge auf der Stelle über. Die 5 besten Sprünge gehen in einen Mittelwert-Score ein und werden dann zur Analyse verwendet.
Klassifikation des Reaktivkraftindex (RSI)
Der RSI kann laut Flanagan in folgende Klassifikationen eingeteilt werden:
- < 1.5: geringe Reaktivkraftfähigkeit
- 1.5 – 2.0: moderate Reaktivkraftfähigkeit
- 2.0 – 2.5: gut ausgeprägte Reaktivkraftfähigkeit
- 2.5 – 3.0: hochausgeprägte Reaktivkraftfähigkeit
- > 3.0: Reaktivkraftwerte liegen im Bereich der Weltspitze
Quellen
1 Nuzzo, J. L., McBride, J. M., Cormie, P., & McCaulley, G. O. (2008). Relationship between countermovement jump performance and multijoint isometric and dynamic tests of strength. The Journal of Strength & Conditioning Research, 22(3), 699-707.
2 Lockie, R. G., Murphy, A. J., Knight, T. J., & de Jonge, X. A. J. (2011). Factors that differentiate acceleration ability in field sport athletes. The Journal of Strength & Conditioning Research, 25(10), 2704-2714.
3 Young, W. B., Miller, I. R., & Talpey, S. W. (2015). Physical qualities predict change-of-direction speed but not defensive agility in Australian rules football. The Journal of Strength & Conditioning Research, 29(1), 206-212.