Die Trainingstherapie ist ein noch sehr junger Berufszweig, gerade in Österreich fehlt ihm noch die Durchschlagskraft. Wir haben uns mit dem Sportwissenschaftler und Studiengangsleiter des Fachbereichs Physiotherapie an der FH Salzburg Martin Dürl über die Lage des Berufszweigs unterhalten.
Welche Aufgabenfelder gehören der Physiotherapie an?
Das Berufsbild und die Berufsberechtigung ist im MTD-Gesetz §2(1) geregelt, für die Trainingstherapie ist das in der TT-AV geregelt. Aus dem Antrag des Studienganges Physiotherapie kann ich dir noch die Ergänzung zu den Berufsfeldern liefern:
PhysiotherapeutInnen nehmen als ExpertInnen für Gesundheitsförderung und Prävention, Therapie und Rehabilitation von Funktionsstörungen des Bewegungsapparates über das Bewegungs- und Organsystem Einfluss auf den Menschen als biopsychosoziale Einheit. Sie bedienen sich physiotherapeutischer Maßnahmen, die auf das Bewegungssystem, die Bewegungsentwicklung und -kontrolle sowie innere Organe wirken. Dabei berücksichtigen sie unter anderem die Wechselwirkung zwischen Funktionsstörungen und subjektivem Erleben bzw. Verhalten der PatientInnen und KlientInnen.
Die drei wichtigsten Tätigkeitsfelder der Physiotherapie lassen sich in die Bereiche „Gesundheitsförderung und Prävention“, „Therapie“, sowie „Rehabilitation“ zusammenfassen. Diese kommen in den drei Kernbranchen bzw. in medizinischen, pädagogischen und sozialen Einrichtungen mit unterschiedlichem Schwerpunkt zum Tragen. PhysiotherapeutInnen sind ebenso im Angestelltenverhältnis wie freiberuflich tätig.
Wo ist die Schnittstelle zwischen Trainingstherapeut und Physiotherapeut?
Wenn du dir die Gesetze anschaust, dann siehst du, dass es sehr viele Überlappungen gibt. Schwieriger ist hier die Grenze zu definieren. Dort, wo es zur Unterscheidung zwischen gesund und krank kommt, zumindest wenn man die Definition der WHO für Gesundheit und Krankheit verwendet, ist dem Gesetz nach die Grenze. Wir wissen aber, dass Gesundheit und Krankheit fließende Prozesse sind und wir uns laufend auf der Skala zwischen gesund und krank hin und her bewegen. Dies würde wieder für eine Aufhebung der Grenzen sprechen. Sehr oft hängt eine gute Zusammenarbeit zwischen den Bereichen nicht allein von der Ausbildung, sondern von den Spezialisierungen und der Erfahrung der Einzelpersonen ab, die aber auch kommuniziert werden müssen.
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Wie können sich die Berufsfelder gegenseitig bereichern?
Das Wichtigste ist die interdisziplinäre Kommunikation. Nur so können alle gemeinsamen Ressourcen genutzt werden und es entsteht ein interdisziplinärer Lernprozess. In manchen europäischen Ländern ist diese interdisziplinäre Zusammenarbeit schon besser umgesetzt, z. B. in der Schweiz. Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass es hier nicht nur um die Zusammenarbeit der TrainingstherapeutInnen und Physiotherapeutinnen geht, sondern aller an der Gesundheit/Krankheit involvierten Personen.
Gibt es Deiner Meinung nach eine Konkurrenz zwischen den Berufsfeldern?
Ja, auf jeden Fall. Diese Konkurrenz gibt es aber auch innerhalb der Berufsgruppen und sie wird noch etwas größer werden, weil der Markt enger wird. Ich sehe diese Konkurrenz positiv. Sie zwingt die TherapeutInnen in allen Bereichen dazu, sich weiter fort zu bilden. Wie schon erwähnt, ist da natürlich die Zusammenarbeit in einem interdisziplinären Team von großem Vorteil, da man viel schneller und umfassender an Information und Wissen kommt.
Ist der Trainingstherapeut eine Bereicherung für das Gesundheitssystem?
Ja, ganz sicher. Von der trainingstherapeutischen Seite kommen ganz viele evidenzbasierte Impulse, die zumeist im "Gesunden" entstanden sind. Das hilft den häufig auf "Krankheit" fokussierten Berufsgruppen, ihre Sichten auf PatientInnen/KlientInnen zu verändern und zu erweitern und so gemeinsam erfolgreicher zu sein.
Was könnte in der Ausbildung des Trainingstherapeuten noch verbessert werden?
Möglicherweise würde eine Vorlesung/Übung die den Umgang mit verschiedenen PatientInnen-Gruppen zum Thema hat und Praktika die es ermöglichen, in einem interdisziplinären Team zu arbeiten, schon am Anfang des Studiums den Studierenden bei der Ausrichtung helfen.
Wie könnte der Berufszweig noch bekannter werden bzw. warum ist er noch so unbekannt?
Wenn du die Frage auf Österreich beziehst denke ich, dass es einfach noch wenige gibt und die berufseigenen Netzwerke, die auch für die Werbung wichtig sind, noch in den Kinderschuhen stecken. In Deutschland ist die Situation anders, dort ist die Sporttherapie im Gesundheitssystem verankert.
Vielen Dank für das Interview, Martin!
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